Forderungen zum Doppelhaushalt 2020/21

Forderungskatalog: Bibliodiversität schützen, sprachliche Vielfalt stärken, freie Veranstalter*innen unterstützen und Urheber*innen fördern

In einem breiten Beteiligungsprozess, der Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern offenstand, hat das Netzwerk Freie Literaturszene Berlin e.V.  einen Forderungskatalog zum nächsten Berliner Doppelhaushalt 2020/2021 ausgearbeitet.

Alle interessierten Berliner Autor*innen, Literaturveranstalter*innen und Literaturübersetzer*innen sowie Independent-Verleger*innen und Zeitschriftenmacher*innen haben ab April 2018 in einem allgemeinen Programmworkshop und sechs thematischen Arbeitsgruppen darüber diskutiert, welche Förderung die freie Berliner Literaturszene benötigt, um ihre Potenziale noch besser zu entfalten. Die Ergebnisse wurden vom NFLB-Vorstand zusammengetragen, den Vereinsmitgliedern und Arbeitsgruppen vorgelegt und im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 6. Oktober 2018 verabschiedet.

Es wurden  insbesondere deutliche Verbesserungen, Aufstockungen und neue Förderinstrumente im Bereich der Projektförderung, bei der Förderung der Bibliodiversität, bei den Arbeitsstipendien, bei der Förderung von Lesebühnen und Lesereihen sowie eine stärkere Sensibilität für die Aspekte der sprachlichen Vielfalt und des Migrationshintergrunds gefordert.

Deutlich geworden ist aber auch, dass den Akteur*innen der freien Literaturszene nicht nur eine Erhöhung der Fördertöpfe wichtig ist: Eine hohe Dringlichkeit haben auch die Jurierungsprozesse und Vergaberichtlinien der jeweiligen Förderinstrumente, die eine faire, transparente, Diversität berücksichtigende und nach künstlerischen Kriterien erfolgende Mittelvergabe sicherstellen sollen.

Der vollständige Forderungskatalog kann hier abgerufen werden.

Berliner Erklärung der Vielen

Gemeinsam mit vielen anderen Kulturinstitutionen und Verbänden in Berlin haben wir am 9.11.2018 die Berliner Erklärung der Vielen unterzeichnet.

Als Aktive der Kulturlandschaft in Deutschland stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, von dem aus die größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden. In diesem Land wurde schon einmal Kunst als entartet diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht. Millionen Menschen wurden ermordet oder gingen ins Exil, unter ihnen auch viele Künstler*innen.

Heute begreifen wir die Kunst und ihre Einrichtungen, die Museen, Theater, Ateliers, Clubs und urbanen Orte als offene Räume, die Vielen gehören.

Unsere Gesellschaft ist eine plurale Versammlung. Viele unterschiedliche Interessen treffen aufeinander und finden sich oft im Dazwischen. Demokratie muss täglich neu verhandelt werden – aber immer unter einer Voraussetzung: Es geht um Alle, um jede*n Einzelne*n als Wesen der vielen Möglichkeiten!

Der rechte Populismus, der die Kultureinrichtungen als Akteure dieser gesellschaftlichen Vision angreift, steht der Kunst der Vielen feindselig gegenüber. Rechte Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur.

Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Künstler*innen, mit allen Andersdenkenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden.

Wir als Unterzeichnende der Berliner Theater, Kunst- und Kultureinrichtungen und ihrer Interessensverbände begegnen diesen Versuchen mit einer klaren Haltung:

  • Die unterzeichnenden Kunst- und Kulturinstitutionen führen den offenen, aufklärenden, kritischen Dialog über rechte Strategien. Sie gestalten diesen Dialog mit Mitwirkenden und dem Publikum in der Überzeugung, dass die
    beteiligten Häuser den Auftrag haben, unsere Gesellschaft als eine demokratische fortzuentwickeln.
  • Alle Unterzeichnenden bieten kein Podium für völkisch-nationalistische Propaganda.
  • Wir wehren die illegitimen Versuche der Rechtsnationalen ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
  • Wir verbinden uns solidarisch mit Menschen, die durch eine rechtsextreme Politik immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

Solidarität statt Privilegien. Es geht um Alle. Die Kunst bleibt frei!

3. Branchentreff Literatur

Am Freitag, den 30.11.2018 ist es wieder so weit: Der Dritte Branchentreff Literatur öffnet seine Pforten im Haus der Kulturen der Welt.

Der Branchentreff findet vom 30.11.-2.12. im Rahmen des Projekts „WiSU – Wirtschaftliche Stärkung der Urheber*innen in der freien Literaturszene Berlin“ statt. Er bietet den Freiberufler*innen der Literaturszene – in erster Linie Autor*innen, Übersetzer*innen, Lektor*innen, unabhängigen Verleger*innen und literarischen Kurator*innen – ein Forum des Austauschs und der Vernetzung sowie eine Reihe von Workshops und Beratungsmöglichkeiten zu für sie beruflich relevanten Themen. Im Rahmen des Branchentreffs werden außerdem aktuelle branchenrelevante Themen diskutiert.

Die Teilnahme ist kostenlos. Für die Workshops wird um eine vorherige Buchung über die Webseite des Branchentreffs gebeten, eine Last-Minute-Registrierung ist aber bei noch freien Plätzen auch möglich. Für alle Vorträge, Diskusssionsrunden und die Verlagsausstellung Berlindependet ist keine Reservierung notwendig.

Ausschreibung: Raumkoordinator*in für die Freie Literaturszene Berlins

Das Netzwerk Freie Literaturszene Berlin (NFLB) sucht zum 01.12.2018 eine*n Raumkoordinator*in für die freie Literaturszene Berlins.

Bewerbungsfrist ist der 27.11.2018, weitere Informationen zu Tätigkeitsschwerpunkten, Honorar und zum Bewerbungsvorgang finden Sie/findet ihr in diesem PDF:

Ausschreibung_RK_2018

Wir freuen uns auf Ihre/eure Bewerbungen!

25.6.18 – Protest-Veranstaltung für den Erhalt des Künstlerhauses Schloss Wiepersdorf

Ein wichtiger Veranstaltungshinweis. Am 25.6. findet im Literaturforum im Brecht-Haus eine Soli- und Protest-Veranstaltung für den Erhalt des Künstlerhauses Schloss Wiepersdorf statt, die von aktuellen und ehemaligen Stipendiat*innen organisiert wird.

http://lfbrecht.de/…/kuenstlerhaus-schloss-wiepersdorf-ret…/

Offener Brief an Kultursenator Dr. Klaus Lederer

Offener Brief des NFLB an den Kultursenator Dr. Klaus Lederer

Berlin, den 24.5.2018

Sehr geehrter Herr Dr. Lederer,

aus der Presse erfuhren wir kürzlich von der Einführung des „Berliner Verlagspreises“ in Trägerschaft des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Im November 2017 hat sich, initiiert durch den NFLB, eine „Arbeitsgruppe Bibliodiversität“ unter Beteiligung von Independent-Verlagen und Literaturmagazinen gegründet, um Konzepte für bedarfsgerechte und wirksame Förderinstrumente zu erarbeiten.

Wir bedauern sehr, dass diese Expertise bei der Schaffung des Berliner Verlagspreises seitens der Kulturverwaltung nicht in Anspruch genommen und dass die gesamte freie Literaturszene in den Entstehungsprozess nicht eingebunden wurde.

Independent-Verlage sind in erster Linie Kulturträger und erst in zweiter Linie Wirtschaftsunternehmen. Sie sind in der Regel inhabergeführt und nicht nach Marktkriterien ausgerichtet. Sie decken mit viel Engagement und Idealismus eine literarische und sprachliche Vielfalt ab, die ohne sie keine publizistische Sichtbarkeit erlangen würde. Das Netzwerk freie Literaturszene Berlin e.V. fordert daher seit Jahren eine Förderung von Independent-Verlagen und unabhängigen literarischen Magazinen im Sinne der Bibliodiversität. Insofern begrüßen wir grundsätzlich die Bereitschaft seitens der Senatskulturverwaltung, einen ersten Schritt in Richtung Bibliodiversitätsförderung zu gehen und die kulturelle Leistung der Berliner Verlagsszene auch finanziell anzuerkennen. Doch der jüngst ins Leben gerufene Preis erweckt den Eindruck eines Schnellschusses. Nach Ausstattung und Ausgestaltung wird er der Vielfalt und Breite der Berliner Verlagsszene sowie dem Bemühen um sprachliche und literarische Diversität nicht gerecht.

Unsere Kritikpunkte im Einzelnen:

  • Die Ausstattung des Preises ist, insbesondere bezogen auf die festgelegten Umsatzgrenzen, viel zu gering. Erforderlich wären mindestens fünf Preise in Höhe des Hauptpreises sowie zehn kleinere Preise jährlich.
  • Literaturmagazine finden keine Berücksichtigung.
  • Die festgelegten Umsatzgrenzen von bis zu 2 Mio. Euro führen dazu, dass programmatisch spezialisierte Kleinstverlage mit mittelständischen Unternehmen konkurrieren. Bei Verlagen mit Umsätzen unter 100.000 Euro steht die kulturelle und literaturfördernde Tätigkeit viel klarer im Mittelpunkt. Bei der derzeitigen Preis-Ausgestaltung haben sie nur geringe Erfolgschancen.
  • Außerkünstlerische Kriterien wie „innovative Vertriebs-, Marketing- oder Digitalisierungsmodelle“ haben für Kunstförderung keine Relevanz.
  • Die Trägerschaft eines bezogen auf die Mehrzahl der Mitglieder kommerziell ausgerichteten Branchenverbands ist nicht zweckdienlich.
  • Die Zusammensetzung der Jury berücksichtigt keine Expertise aus der Zielgruppe sowie der freien Literaturszene in Berlin.
  • Das Kriterium der sprachlichen Diversität wurde nichtberücksichtigt.

Für die Zukunft fordern wir eine Reform und Erweiterung des Berliner Verlagspreises zum nächsten Doppelhaushalt 2020/21.

  • Die Mittelausstattung soll stark ausgeweitet und ausschließlich aus festen Haushaltsmitteln der Berliner Kulturverwaltung finanziert werden.
  • Die Vergabe soll ausschließlich nach künstlerischen Kriterien erfolgen. Entscheidend ist das durch den jeweiligen Verlag maßgeblich mitbestimmte programmatische Gesamtbild, das sich aus der Qualität der Textauswahl, der Übersetzung, des Lektorats, der künstlerischen Gestaltung und der Herstellung der publizierten Werke zusammensetzt.
  • In der Jury soll die diversitätsbewusste Perspektive von Independent-Verlagen, von unabhängigen literarischen Magazinen sowie der freie Literaturszene vertreten sein.
  • Literarische Magazine soll ebenfalls bei der Preisvergabe Berücksichtigung finden oder einen eigenen Preis erhalten.
  • Die Trägerschaft soll in Händen der Kulturverwaltung liegen oder in echter Selbstverwaltung organisiert werden.
  • Die weitere Ausgestaltung des Preises soll im Rahmen eines partizipativen Prozesses gemeinsam mit der freien Literaturszene erarbeitet werden.
  • Neben Preisen für Independent-Verlage und unabhängige literarischen Magazine sind weitere Instrumente zur Förderung der sprachlichen und literarischen Vielfalt dringend erforderlich. Dazu zählen eine Basis- und Konzeptförderung für Verlage sowie eine Projektförderung für anspruchsvolle und kommerziell nicht realisierbare Übersetzungs- und Editionsprojekte.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Literaturmetropole Berlin durch eine nachhaltige und wirksame Förderung der Independent-Verlage und Literaturmagazine zu stärken. Gerne bieten wir hierzu erneut unsere Kooperation und Expertise an.

 

Mit freundlichen Grüßen

Der NFLB-Vorstand: Alexander Filyuta, Paula Fürstenberg, Alexander Lehnert, Moritz Malsch, Eric Schumacher

Ein Kommentar zum Offenen Brief und zum Verlagspreis von Eric Schumacher

Ich würde die Thematik an dieser Stelle gerne etwas allgemeiner aufgreifen und zu verdeutlichen versuchen, worum es uns bei der Kritik an dem Verlagspreis geht.

Es ist ja zunächst nichts dagegen einzuwenden, dass ein solcher Preis existiert. Er orientiert sich an der Praxis anderer Bundesländer, die in den letzten Jahren Verlagspreise eingeführt haben – und klar, das muss sein, Berlin toppt sie. So weit, so gut. Ein mutiger, geschweige denn wirkmächtiger Schritt ist das allerdings nicht. Wir halten das für Symbolpolitik, gut gemeint, erfreulich für die zukünftigen Preisträger*innen, eine schöne Homestory fürs Stadtmarketing.

Wir vom NFLB oder breiter gefasst von der Koalition der Freien Szene haben ein anderes Verständnis von Kulturpolitik und von der aktiven, partizipativen und zivilgesellschaftlichen Einbindung einer diversen Akteursstruktur.

Wir denken Förderstrukturen von der Basis her, von den Akteur*innen und ihren konkreten Bedarfen, um ihre Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern.

Deswegen gibt es ein in der Freien Szene komplexes Geflecht an Verbänden, Interessensgruppen, Arbeitsgruppen, Fördersummits, Plenen, Arbeitsgruppen in denen spartenspezifisch und –übergreifend versucht wird, zu einem gemeinsamen Verständnis über bedarfsgerechte Förderinstrumente zu kommen.

Das ist sicherlich ein mühsamer, anstrengender Prozess, aber wir sind der Überzeugung, dass es nur so funktioniert. Und in dem Zusammenhang haben wir beispielsweise auch eine AG Bibliodiversität gegründet, die übergreifend und diversitätssensibel nach Förderinstrumenten sucht.

Der Verlagspreis ist aus unserer Sicht ein gutes Beispiel dafür, wie Kulturpolitik nicht mehr oder nicht ausschließlich betrieben werden sollte. Top-down getrieben über ein Closed-Shop-Verfahren, wo sich ein ausgewählter Kreis von Zugelassenen (mit den durchaus besten Absichten) einen Preis ausdenken. Das ist nach unserem Verständnis nicht oder nur bedingt von der Basis aus gedacht: von einer diversen Akteursstruktur und ihren spezifischen Bedarfen.

Der Preis deckt eine Facette ab, er „leuchturmisiert“ quasi den Förderungsbedarf von Independent-Verlagen, verschafft ihm eine würdigende Sichtbarkeit. Und gleichzeitig, so unser Eindruck, differenziert er die Independent-Szene, indem er beispielsweise innovative Vertriebs-, Marketing- und Digitalisierungsmodelle in den Kriterienkatalog aufnimmt und damit Verlage, die damit nichts am Hut haben, ausgrenzt. Letztlich fokussiert sich der Preis, so könnte man fasst mutmaßen, auf den „Mittelstand“ der Independent-Verlagsszene. Der untere Rest wird ausgeblendet.

Der entscheidende Punkt ist folgender: Durch den Verlagspreis wird die Situation von Akteur*innen der Bibliodiversität strukturell keinen Deut besser. Es ist mehr oder weniger eine Sichtbarkeitskampagne.

Das Problem in Berlin ist doch, dass Literatur im Fördertableau das Schlusslicht bildet und strukturell deutlich benachteiligt ist. Die Fördersummen für Autor*innen und Akteur*innen der freien Literaturszene sind im Vergleich zu anderen Sparten, im Vergleich zu den enormen Summen, die im Kulturhaushalt flottieren – ein Witz.

Unser Ansatz ist, dass wir Kulturförderung breiter aufstellen wollen. Wir wollen Basisförderungen für die gesamte literarische Akteursstruktur (inkl. Verlage und Literaturmagazine).

Wir wollen eine nachhaltige Förderstruktur, die bei Akteur*innen ansetzt, die es ihnen ermöglicht auch mal langfristiger zu planen. Dafür gilt es Förderinstrumente zu schaffen, an denen möglichst viele partizipieren können, dafür muss auch deutlich mehr Geld in die Hand genommen werden als die besagten 65.000 €. Geld, das aber grundsätzlich nach der derzeitgen Haushaltslage da ist.

Wie gesagt, das beißt sich nicht mit dem vorliegenden Verlagspreis und kann sich sogar idealerweise gut ergänzen.

Der Impetus unserer Kritik war auch eher, dass es mit diesem Verlagspreis nicht getan ist. Dass dieser Preis erst ein Anfang sein kann, und dass in diesem Preis ein Rahmen gesetzt wird, der priorisiert und partiell ausgrenzt.

02.12.17: Für mehr Bibliodiversität – eine Veranstaltung des NFLB in der Lettrétage

Unabhängige Literaturverlage und literarische Magazine sind aus dem literarischen Leben nicht wegzudenken. Mit ihrer Offenheit fürs Neue und Experimentelle, mit ihrer Bereitschaft, bisher nicht etablierten literarischen Stimmen Gehör zu verschaffen, tragen sie maßgeblich zur Pflege und Weiterentwicklung der literarischen Kultur bei. De jure sind diese Verlage Wirtschaftsunternehmen – de facto sind solche Aktivitäten aber in den seltensten Fällen gewinnträchtig. Vielmehr tragen die Verlegerinnen und Verleger, Herausgeberinnen und Herausgeber oftmals mit großem Engagement wie auch finanziellem Einsatz zum literarischen Leben bei und unterstützen damit Autor*innen. Leider fallen Verlage normalerweise durch den Rost des bisherigen Fördersystems, oftmals mit der praxisfernen Begründung, dass das Verlegen und Herausgeben von Büchern und Zeitschriften keine gemeinnützige, sondern eine gewinnorientierte Tätigkeit sei.

Das Netzwerk freie Literaturszene e.V. fordert eine bessere Förderung der Independent-Verlage und Literaturmagazine und lädt in Zusammenarbeit mit der Kurt-Wolff-Stiftung sowie der Berliner Literaturkonferenz alle Interessierten und Betroffenen zu einer Bestandsaufnahme. Was brauchen die Verlage und Magazine? Wie ist ihnen zu helfen? Wie müssten entsprechende Förderinstrumente aussehen und wo können sie angesiedelt sein? Wie lassen sich diese argumentieren und ans bisherige Fördersystem andocken? Wie kann politischer Druck aufgebaut werden und welche Verbündeten haben wir? Dies und mehr ist Gegenstand der Veranstaltung.

02.12.17, 15 – 19 Uhr

Lettrétage | Mehringdamm 61 | 10961 Berlin

Der Eintritt ist frei!

Eine Veranstaltung des Netzwerks freie Literaturszene Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit der Berliner Literaturkonferenz.

 

Forderungen der freien Literaturszene 2017

Berlin ist auch im internationalen Vergleich eine der wichtigsten Literaturstädte und ist nach wie vor ein Magnet für Autor*innen, Verlage und andere Literaturaktivist*innen aus aller Welt. Die rege Verlagsszene, die zahlreichen Literaturveranstaltungen und sonstigen literarischen Aktivitäten tragen zur Lebensqualität, zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur allgemeinen, nicht zuletzt auch touristischen Attraktivität der Stadt bei. Gestiegene Lebenshaltungskosten und Mieten graben dieser lebendigen Szene jedoch zunehmend das Wasser ab. Gerade jetzt muss daher die schon seit jeher erheblich unterfinanzierte freie Literaturszene substanziell besser gefördert werden.

  • Honoraruntergrenzen und eine verbindliche Honorarordnung für landesgeförderte Literaturprojekte

Während für Angestellte von Kultureinrichtungen, Vereinen und Projekten der Mindestlohn und im Idealfall Tarifverträge greifen, wurde in der Vergangenheit nicht genügend auf eine angemessene Bezahlung freier Projektmitarbeiter*innen und an Projekten beteiligte Künstler*innen in vom Land Berlin geförderten Projekten geachtet. Wir fordern einen partizipativen Prozess zwischen Kulturverwaltung, Landespolitik und freier Literaturszene, um eine verbindliche Honorarordnung für landesgeförderte Literaturprojekte zu erarbeiten.

  • Aufstockung der Anzahl der Arbeitsstipendien Literatur von 20 auf 40 und Aufstockung der Stipendienhöhe auf 24.000 Euro. Finanzieller Mehrbedarf: 600.000 Euro
  • 10 Übersetzer- und 5 Kuratorenstipendien gleicher Höhe. Übersetzerstipendien in beide Übersetzungsrichtungen. Finanzieller Mehrbedarf: 360.000 Euro

Rund 10.000 professionelle literarische Urheber*innen (Autor*innen, Literaturübersetzer*innen, freie Lektor*innen, literarische Kurator*innen) arbeiten in der Stadt Berlin. Gemessen daran sowie im Vergleich mit anderen Kunstsparten sind die derzeitigen 20 Arbeitsstipendien Literatur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dies zeigt sich auch Jahr für Jahr an der hohen Zahl der Bewerbungen mit förderwürdiger Qualität. Übersetzer*innen- und Kurator*innenstipendien wurden trotz des immensen Bedarfs aus unverständlichen Gründen wieder abgeschafft.

  • Einführung einer Konzeptförderung im literarischen Veranstaltungsbereich. Finanzieller Mehrbedarf: 200.000 Euro

In der freien Literaturszene Berlins richten zahllose literarische Vereine, Initiativen, Autor*innen- und transdisziplinäre Künstler*innengruppen ehrenamtlich und unbezahlt Lesungen und andere literarische Veranstaltungsformate aus. Eine literarische Konzeptförderung analog zur Konzeptförderung im Bereich darstellende Kunst ist erforderlich, um diesen Initiativen eine kontinuierliche professionelle Arbeit zu ermöglichen.

  • Literarische Publikationsförderung für Berliner Kleinverlage bis 100.000 Euro Jahresumsatz (Juryentscheidung nach literarischer Qualität). Finanzieller Mehrbedarf: 200.000 Euro

Verlage gelten als Wirtschaftsunternehmen und fallen somit bisher durch jegliches Förderraster. In der Realität arbeiten gerade in Berlin zahlreiche anspruchsvolle literarische Klein- und Kleinstverlage nicht-kommerziell. Die Verleger*innen arbeiten weitestgehend oder vollständig ehrenamtlich oder bringen sogar, neben Zeit und Engagement, noch eigenes Geld in den Betrieb ein. Ein jurierter Förderfonds für anspruchsvolle literarische Publikationen mit Berlin-Bezug (Verlag sitzt in Berlin und/oder Autor*in lebt in Berlin) würde sowohl Berliner Verlage als auch Berliner Autor*innen entlasten.

  • Aufstockung der Projektförderung Literatur auf 600.000 Euro jährlich. Finanzieller Mehrbedarf: Ca. 540.000 Euro

Der Fonds für literarische Projekte des Landes Berlin ist mit rund 60.000 Euro jährlich bisher viel zu gering ausgestattet. In der Folge kann häufig die innerhalb von Literaturprojekten geleistete Arbeit nur anteilig oder nicht angemessen vergütet werden. Wir fordern die Anhebung der Förderobergrenze auf 20.000 Euro sowie einen zweiten jährlichen Vergabetermin, um Projekte auch kurzfristiger realisieren zu können.

  • Übersetzungsetat für Anträge nichtdeutscher Autor*innen für alle Förderinstrumente: 20.000 Euro

Die Berliner Literaturszene wird nicht zuletzt auch von Autor*innen nicht-deutscher Herkunft geprägt, die temporär oder dauerhaft in Berlin leben und teils auf Deutsch, teils in ihren Muttersprachen schreiben. In einigen Fremdsprachen haben sich eigene kleine Zirkel und Literaturszenen entwickelt. Sie alle sind aufgrund der Sprachbarriere von einer Förderung durch Arbeitsstipendien, Projektmittel u.a. weitestgehend abgeschnitten. Ein kleiner Antrags-Übersetzungsfonds für Autor*innen nicht-deutscher Herkunft würde deren Partizipation am Berliner Literaturbetrieb wesentlich erleichtern.

  • Zuschuss zur bezirklichen Literaturförderung: 100.000 Euro pro Bezirk und Jahr. Finanzieller Mehrbedarf: 1,2 Mio. Euro

Die Literaturszene ist strukturell im Vergleich zu anderen Kunstsparten sehr kleinteilig. Daher sollten die Bezirke bei deren Förderung eine wichtige Rolle spielen. Leider werden diese aufgrund ihrer nach wie vor desolaten Finanzlage dieser Aufgabe nicht gerecht. Ein Landeszuschuss sollte die Strukturen der bezirklichen Literaturförderung stärken und die Bezirke in die Lage versetzen, in vernünftigem Umfang und in einem ordentlichen Verfahren unkompliziert kleine Projektförderungen und kleine, zeitlich befristete Strukturförderungen auszureichen.

Finanzieller Mehrbedarf Literatur gesamt: 3,12 Mio. Euro jährlich.